Ethik: Auch an die Außenwirkung denken!

In seinem Buch „Vorsicht Rechtsanwalt“ plädiert Joachim Wagner für einen schriftlichen Ethik-Kodex. Seine Begründung: Es werde dem Ansehen der Anwaltschaft lang- und mittelfristig weiter schaden, wenn ihr der Wille und die Kraft zu einer ethischen Standort-Bestimmung fehlten. Markus Hartung greift diese Forderung im November-Heft des Anwaltsblatts auf und erteilt ihr eine klare Absage. Nun muss man Wagners Forderung nach einem Ethik-Kodex nicht teilen. Aber seine These über den Einfluss, den eine Berufsethik auf das Renommee der Anwaltschaft hat, führt geradewegs zu einem Aspekt der anwaltlichen Ethik, der in der Diskussion bislang zu kurz gekommen ist: Der kommunikativen Funktion von Ethik.

Die zwei Dimensionen der Ethik

Ethik bezeichnet die Lehre vom moralischen Verhalten – abgeleitet vom griechischen Begriff Ethos, also der inneren moralischen Grundhaltung eines Menschen, die sein Handeln bestimmt. Die primäre Funktion der Ethik ist es, verantwortliches Handeln zu ermöglichen. Daneben hat Ethik aber auch eine nicht zu unterschätzende kommunikative Funktion. Indem man nämlich ethische Maßstäbe formuliert und sich öffentlich zu ihnen bekennt, demonstriert man, dass man sich an grundlegende Werte gebunden fühlt.

Ist das Image schlecht, besinnt man sich gerne auf ethische Fragen

Dieser kommunikativen Außenwirkung scheint man sich durchaus bewusst zu sein. Denn Wirtschaftszweige, Unternehmen und Berufsstände besinnen sich gerne gerade dann auf ethische Fragen, wenn es um das Image schlecht bestellt ist. Dabei muss man nicht immer davon ausgehen, dass Ethik auf Imagefragen reduziert und damit instrumentalisiert wird, um das in Wanken geratene Ansehen zu polieren – auch wenn es natürlich Fälle gibt, in denen dies so sein wird. Denn das Image eines Berufsstands oder eines Unternehmens wird häufig zum Beispiel durch Skandale, unehrenhaftes Verhalten, mangelndes Fingerspitzengefühl oder fehlende Akzeptanz für bestimmte Verhaltensweisen beschädigt. Es kann also auch so sein, dass man sich in Anbetracht eines Fehltritts, wie auch immer er geartet ist, auf ethisches Verhalten besinnt – ein angeschlagenes Image also nur der Auslöser ist, sich mit den Werten etwa einer Branche, eines Unternehmens oder eines Berufsstands zu befassen.

Auch die Anwaltschaft hat sich mit dem Thema Ethik befasst, als es mit ihrem Image nicht zum Besten stand. Im Jahr 2008, als ein Vortrag des Berufsrechtlers Martin Henssler die Diskussion um eine anwaltliche Ethik maßgeblich angestoßen hatte, die vor allem von Anwaltsverein und Rechtsanwaltskammern aufgegriffen wurde, hatte das Institut für Demographie Allensbach den Beruf des Rechtsanwalts ausdrücklich zu den Prestigeverlierern erklärt. Und die Süddeutsche Zeitung hatte am 08.10.2008 einen Artikel über die Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa plakativ mit „Lieber Müllmann als Anwalt“ überschrieben. Seither hat sich das Ansehen der Anwaltschaft nicht gebessert – im Gegenteil. Betrachtet man die demoskopischen Zahlen, stellt man fest, dass der Anteil derjenigen, die den Rechtsanwaltsberuf zu den angesehen Berufen zählen, kontinuierlich gesunken ist: Von 37 % im Jahr 2001 auf 24 % im Jahr 2013. Danach werden Rechtsanwälte heutzutage weniger geschätzt als zum Beispiel Polizisten, Lehrer oder Geistliche/Pfarrer.

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