Was die VW-Abgasaffäre über die Kanzleimarke lehrt

Ein Gastbeitrag von Stephanie Hartung

Das Verhältnis der jüngsten Ereignisse um VW und der Marke Deutschland zeigt deutlich, dass sich eine Marke automatisch entwickelt und zugleich mit größter Aufmerksamkeit geführt sein will. 

Die Anbieter-Marke Deutschland und ihre Angebotsmarke „Made in Germany“ könnten kaum nachhaltiger geschädigt werden, als das jüngst durch den VW Konzern geschehen ist. Galt Deutschland mit seinen Produkten bis dato als Inbegriff von Zuverlässigkeit, Ingenieurskunst auf hohem Niveau und Beherrscher unternehmerischer Compliance, so haben die stückwerkhaften Abgasgeständnisse des VW Konzerns die Marke Deutschland und ihre Qualitätselaborate konsequent entwertet. Dass darüber hinaus nun von Seiten der Ministerien verlautet, man habe all das gewusst, macht die Sache um ein vielfaches fataler. Nicht nur ein einzelner Konzern demontiert da jahrzehntelang Gewachsenes – es scheint, die ganze Nation zeigt nun ihr wahres (Marken-)Gesicht. Was aber haben die beschriebenen Umstände mit Kanzleimarken zu tun?

Marke ist ein markiertes eigenständiges System

StephanieHartung
Stephanie Hartung

Hier müsste man erst einmal verstehen, dass eine Marke automatisch entsteht. Der Begriff Marke ist das Synonym für ein markiertes System. Schaut man auf das System Deutschland, dann versteht man, dass die Selbstmarkierung des deutschen Systems durch das Handeln der Menschen in diesem System automatisch entstanden ist und sich andauernd weiter entwickelt.

Genau so entsteht eine Kanzleimarke – durch das entschiedene Miteinander von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die ab einem gewissen Moment von „ihrer Kanzlei“ oder von „wir“ sprechen. Hier ist ein identifizierbares Konstrukt entstanden. Wäre das nicht so, wüssten wir nicht, wo die Kanzlei anfängt und wo sie aufhört. Dass wir aber genau das wissen, ist der Hinweis darauf, dass es eine eindeutig wahrnehmbare Grenze zwischen Kanzlei und „Nicht“-Kanzlei gibt. Diese Grenze ist die Markierung des Kanzleisystems, und wir können deshalb festhalten, dass jede Kanzleimarke automatisch entsteht, mithin jede Kanzlei eine Kanzleimarke ist. Der Unterschied zwischen Kanzleiführung und Kanzleimarkenführung liegt ausschließlich in der Fokussierung auf eben diese Markierung und das daraus erwachsende Potenzial.

Natürlich aber würde der Hinweis auf das automatische Entstehen einer Kanzleimarke angesichts der lauter werdenden Forderung nach mehr Markenbewusstsein im Rechtsmarkt nicht reichen. Wenn es also nicht darum geht, ob man eine Kanzleimarke ist, dann muss es darum gehen, wie man die Kanzleimarke führt. Dass man dabei kapitale bis existenzbedrohende Fehler machen kann, das eben zeigt sich gerade bei der Marke Deutschland.

Jede Marke ist so einzigartig wie die Menschen dahinter

Es liegt in der Natur einer jeden Marke, dass sie so einzigartig ist, wie die Menschen, durch die sie entstanden ist. Dabei ist die Kanzlei nicht die Summe der Menschen. Analog zu der Erkenntnis, dass das Ganze etwas anderes ist als die Summe seiner Teile, wird die Kanzlei zu einem eigenständigen System, dem die Anwälte zu dienen haben – so sie denn für das Bestehen ihrer Kanzlei und deren Weiterentwicklung Sorge tragen wollen.

Damit sie das erfolgreich – will sagen: markenzentriert – tun können, brauchen sie an erster Stelle eine Bewusstheit über den eigenständigen Charakter ihrer Kanzlei. Wie bei der Marke Deutschland ist nämlich auch hier durch die Handlungen der Anwälte eine wahrnehmbare Identität gewachsen, und diese ist naturgemäß ein einzigartiges Konstrukt aus ökonomischen, psychologischen, sozialen und kompetenzspezifischen Aspekten.

 

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