Ich bin ein Altfall

Bezeichnung schon bislang umstritten

Entsprechend der Doppelberufstheorie war schon bislang umstritten, ob Syndikusanwälte sich auch bei ihrer angestellten Tätigkeit als Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin bezeichnen dürfen. Ging man mit weiten Teilen der Literatur man davon aus, dass die Arbeit im Unternehmen eine anwaltliche ist, durfte man auch dort die Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt“ bzw. „Rechtsanwältin“ führen (siehe Huff in Gaier Wolf Göcken, BRAO, 2. Auflage 2014, § 46 Rn. 12ff., angesichts der Zulassungspraxis kritisch Henssler/ Prütting, BRAO, 4. Auflage, 2014, § 46 Rn. 14). Aber auch wenn man mit der Rechtsprechung der Auffassung war, dass die Tätigkeit im Unternehmen zwar juristisch, aber nicht anwaltlich war, war eine Bezeichnung als Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin nicht automatisch ausgeschlossen. Zumindest nicht, wenn man darauf abstellt, dass „Rechtsanwalt“ bzw. „Rechtsanwältin“ eine Berufsbezeichnung ist (§ 12 Abs. 4 BRAO). Die Berechtigung, diese Bezeichnung zu führen ist eine gesetzliche Folge der Zulassung und bedarf keiner weiteren Voraussetzungen (vgl. Schmidt-Räntsch in Gaier Wolf Göcken, BRAO, 2. Auflage 2014, § 17 Rn. 1). Sie darf daher in jedem Zusammenhang und damit auch bei der Tätigkeit bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber angegeben werden. Stellt man demgegenüber auf die Funktion ab, in der ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin tätig wird, kann man zu dem Ergebnis kommen, dass die Berufsbezeichnung zwar auf der Visitenkarte oder in der Mail-Signatur stehen darf, aber zum Beispiel nicht in der Unterschriftenzeile. Die regionalen Rechtsanwaltskammern haben dies in der Vergangenheit unterschiedlich gesehen und gehandhabt.

Neue Facette: Irreführung

Mit dem Gesetz zur Neuordnung der Syndikusanwälte bekommt die schon bislang geführte Diskussion um die richtige Bezeichnung eine neue Facette, nämlich die der Verwechselungsgefahr bzw. der Irreführung. Denn mit diesem Gesetz wird erstmals eine eigene gesetzliche Berufsbezeichnung eingeführt: Die der „Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin)“ oder „Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt)“. Unter dieser Bezeichnung üben Syndikusanwälte, die seit dem 01.01.2016 zugelassen werden, ihre Tätigkeit aus (§ 46 a Abs. 4 Nr. 2 BRAO).

Welche Bezeichnung dürfen also die auf alter Rechtslage zugelassenen Syndici führen? Bezeichnungen, die eine Verwechselungsgefahr begründen und deswegen irreführend sind, sind jedenfalls unzulässig, §§ 43, 12 Abs. 4 BRAO, §§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG. Dies dürfte vor allem für die Bezeichnung „Syndikusanwalt“ gelten. Auch die Bezeichnung „Syndikus“ (zum Beispiel in der Unterschriftenzeile) unter gleichzeitigem Hinweis auf die Zulassung als Rechtsanwalt (etwa im Briefkopf) kann eine Verwechselungsgefahr begründen. Die jeweiligen Einzelfälle werden genau zu prüfen sein, wobei auch ein etwaiger Bestandsschutz dieser Bezeichnungen für Kolleginnen und Kollegen einzubeziehen ist, die entsprechend gezeichnet und sich bezeichnet haben.

Ob aber die Bezeichnung als „Rechtsanwalt“ bzw. „Rechtsanwältin“ tatsächlich eine Verwechselungsgefahr begründet, die dazu führt, dass das Führen untersagt werden kann, darf bezweifelt werden. Denn während die Bezeichnungen „Syndikusanwalt“ bzw. als „Syndikus“ vom Gesetzgeber nicht vorgesehen waren, ist die Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt“ und „Rechtsanwältin“ eine geschützte Berufsbezeichnung (§ 12 Abs. 4 BRAO, vgl. Henssler/Prütting, BRAO, 4. Auflage 2014, § 12 Rn. 13), die man in Folge der Zulassung führen darf. Zwar kann auch eine solche – objektiv richtige – Angabe irreführend sein, wenn sie bei dem Verkehr, an den sie sich richtet, zu einer Fehlvorstellung führt. Beruht diese Täuschung aber nur auf dem Verständnis einer an sich zutreffenden Angabe, ist für die Anwendung des § 5 UWG grundsätzlich eine höhere Irreführungsquote als bei einer Täuschung mit objektiv unrichtigen Angaben erforderlich. Außerdem ist eine Interessenabwägung vorzunehmen (siehe zum Ganzen BGH I ZR 53/13, Rn. 20 – Spezialisten-Entscheidung mwN).

Kommentare

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[…] Ich bin ein Altfall – Anwaltskommunikation Dr. Susanne Reinemann Die Frage der richtigen Bezeichnung für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die eine Zulassung nach früherem Recht (also bis zum 31.12.2015) erteilt bekommen haben und bei einem nicht-anwaltlichen Arbeitgeber tätig sind. […]

Frank Remmertz
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Nunmehr rückt die Frage in den Vordergrund, ob sich „Alt-Syndici“ als Syndikusrechtsanwalt zulassen müssen. Die hanseatische Rechtsanwaltskammer scheint dies zu bejahen. Andere Kammern verneinen dies oder äußern sich zurückhaltend. Hier sollte bald kammerübergreifend eine einheitliche Linie herbeigeführt werden. In verfassungsrechtlicher Hinsicht gibt es gute Gründe, eine Zulassungspflicht für Alt-Syndici, die sich auf Bestandsschutz berufen können, zu verneien.

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