Ich bin ein Altfall
Zum 1. Januar 2016 ist das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte in Kraft getreten, mit dem die Zulassung als „Syndikusrechtsanwalt“ bzw. als „Syndikusrechtsanwältin“ eingeführt wird. Damit ist die grundsätzliche Diskussion um die Syndikusanwälte, aufgeworfen durch drei Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 03.04.2014, beendet. Grundlegende Änderungen werfen aber häufig eine Vielzahl von Detailfragen auf, das ist hier nicht anders. Eine davon ist die Frage nach der richtigen Bezeichnung für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die eine Zulassung nach früherem Recht (also bis zum 31.12.2015) erteilt bekommen haben und bei einem nicht-anwaltlichen Arbeitgeber tätig sind. Können Sie im Unternehmen, im Verband oder in der Organisation auf ihren Visitenkarten, der Mail-Signatur oder der Unterschriftenzeile (weiterhin) die Bezeichnung „Rechtsanwalt“ oder „Rechtsanwältin“ führen? Diese Frage betrifft auch mich.
Bestandsschutz für bislang zugelassene Syndici?
Die Frage stellt sich allerdings nur, wenn man davon ausgeht, dass die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die bislang unter Geltung der sog. Doppelberufstheorie zugelassen worden waren, auch weiterhin auf der Grundlage der bisherigen Zulassung bei einem nicht-anwaltlichen Arbeitgeber tätig werden dürfen. Oder müssen sich auch diejenigen, die einen gültigen Befreiungsbescheid haben und seinerzeit der Kammer ihre Tätigkeit im Unternehmen mitgeteilt haben, um eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt bemühen? § 46 Abs. 2 BRAO n.F. sieht vor, dass Angestellte bei nichtanwaltlichen Arbeitgebern für die Ausübung ihrer Tätigkeit als Rechtsanwalt eine Zulassung nach § 46a BRAO n.F., also als Syndikusrechtsanwalt, bedürfen. Dem Wortlaut des Gesetzes ist dabei nicht zu entnehmen, ob damit auch die „Altfälle“ erfasst werden sollen; eine Übergangsvorschrift oder ein ausdrücklicher Bestandsschutz wie im Sozialrecht (§§ 231 Abs. 4b, 286f SGB VI n.F.) finden sich nicht und lassen sich auch nicht aus der Gesetzesbegründung entnehmen.
Die regionalen – und für diese Frage zuständigen – Rechtsanwaltskammern gehen überwiegend davon aus, dass die betroffenen Kolleginnen und Kollegen ihre Tätigkeit weiterhin unter ihrer bisherigen Zulassung ausüben dürfen, also keinen Antrag aus Zulassung als Syndikusrechtsanwalt stellen müssen (vgl. Huff, „Was Unternehmensjuristen jetzt unternehmen müssen“, lto.de vom 18.12.2015, in diesem Sinne auch Offermann-Burckart, NJW 2016, 113 (119); anders allerdings der Präsident der BRAK, der auf dem Unternehmensjuristenkongress des BUJ am 28.01.2016 in Berlin von einer Zulassungspflicht für Altfälle ausging). Woraus genau ein etwaiger Bestandsschutz für Syndici abgeleitet wird ist nicht ganz klar, denn schließlich wurde die Zulassung für die niedergelassene Tätigkeit erteilt, nicht für die Beschäftigung im Unternehmen. Das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte schafft zwar nun Klarheit über die Stellung des Syndikusanwalts als Rechtsanwalt – aber nur für die Zukunft.
Zwischenergebnis: Wenn man von einer Pflicht ausgeht, auch als „Altfall“ eine Zulassung zu beantragen, dann ist gesetzlich vorgegeben, wie die Berufsbezeichnung lautet. Nur wenn man mit den Kammern und einigen Literaturstimmen davon ausgeht, dass Altfälle keine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt benötigen, stellen sich die nachfolgend behandelten Fragen.
Kommentare
[…] Ich bin ein Altfall – Anwaltskommunikation Dr. Susanne Reinemann Die Frage der richtigen Bezeichnung für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die eine Zulassung nach früherem Recht (also bis zum 31.12.2015) erteilt bekommen haben und bei einem nicht-anwaltlichen Arbeitgeber tätig sind. […]
Nunmehr rückt die Frage in den Vordergrund, ob sich „Alt-Syndici“ als Syndikusrechtsanwalt zulassen müssen. Die hanseatische Rechtsanwaltskammer scheint dies zu bejahen. Andere Kammern verneinen dies oder äußern sich zurückhaltend. Hier sollte bald kammerübergreifend eine einheitliche Linie herbeigeführt werden. In verfassungsrechtlicher Hinsicht gibt es gute Gründe, eine Zulassungspflicht für Alt-Syndici, die sich auf Bestandsschutz berufen können, zu verneien.