“Ehrliches Engagement ohne Hintergedanken”

Anwaltliche Pro Bono-Arbeit: Ein Interview mit Dr. Matthias Koch

Wird ein Anwalt pro bono publico tätig, also berät und vertritt er außerhalb von Prozesskosten- und Beratungshilfe kostenlos (oder im Verhältnis zu Leistung, Verantwortung und Haftungsrisiko kostengünstig), beruht dies zumeist auf dem Bewußtsein, dem Gemeinwohl verpflichtet zu sein. Zugleich kann anwaltliche Pro Bono-Arbeit die Bekanntheit und das Ansehen einer Kanzlei steigern und ihr Profil schärfen, kurz: das Kanzlei-Image verbessern. Für Dr. Matthias Koch, Pro Bono Partner Deutschland der internationalen Anwaltssozietät Hogan Lovells, ist Pro Bono-Arbeit allerdings keine Frage des Images.

awk: Was verstehen Sie unter anwaltlicher Pro Bono-Arbeit – die kostenlose bzw. kostengünstige Rechtsberatung von Vereinigungen, die ideelle Interessen vertreten? Oder auch eine solche Beratung von Mitarbeitern, Freunden und Bekannten?

Dr. Matthias Koch

Dr. Matthias Koch: Hogan Lovells sieht Pro Bono Arbeit als Teil seiner gesellschaftlichen Verantwortung und unterstützt ausdrücklich die Teilnahme seiner Anwälte an Pro Bono-Projekten der Sozietät.

In Deutschland beraten wir förderungswürdige und soziale Einrichtungen, denen qualifizierter Rechtsrat normalerweise nicht zugänglich ist. Der Schwerpunkt liegt dabei derzeit auf der Beratung von “Social Entrepreneurs” und Projekten zur Förderung von Jugendlichen. Unsere Pro Bono-Beratung unterliegt den gleichen Qualitätsansprüchen wie unsere entgeltliche Beratung.

awk: Anders als in den USA, wo die Anwaltskosten eine große Hürde sind, gibt es in Deutschland einige Regelungen, die den Zugang zum Recht erleichtern sollen: Das gesetzliche Leitbild der streitwertabhängigen Gebührenberechnung, einige soziale Gebührenvorschriften, Prozesskosten- und Beratungshilfe. Außerdem gibt es Rechtsschutzversicherungen, gewerbliche Prozessfinanzierung und das anwaltliche Erfolgshonorar. Warum halten Sie daneben ein anwaltliches Engagement pro bono publico für erforderlich?

Dr. Matthias Koch: Neben den von Ihnen genannten Bereichen gibt es in Deutschland großen Rechtsberatungsbedarf insbesondere für Nichtregierungsorganisationen, denen die vorgenannten Regelungen nicht helfen. Hogan Lovells nimmt mit seiner Pro Bono-Rechtsberatung anderen Rechtsanwälten keine Arbeit weg, denn diese Organisationen würde die Arbeit schlichtweg nicht auf den Markt werfen, wenn dies Geld kosten würde, das dann an wichtiger Stelle fehlt.

awk: Sehen Sie die großen Wirtschaftskanzleien eher in der Pflicht als kleine und mittelständische Kanzleien?

Dr. Matthias Koch: Es ist die Entscheidung jedes einzelnen, inwieweit er sich engagieren möchte. Der Beruf des Rechtsanwalts ist jedoch seit jeher mit einer gesellschaftlichen Verantwortung verbunden, die losgelöst von der Größe der Kanzlei ist, für die ein Anwalt tätig ist. Insofern möchten wir andere ermutigen, sich ebenfalls einzubringen. Darüber hinaus stellt die Pro Bono-Beratung auch für den beratenden Anwalt eine wichtige Erfahrung dar, indem er Gelegenheit hat, über den Tellerrand der üblichen Tätigkeit hinauszublicken.

awk: Hogan Lovells ist Gründungsmitglied von „Pro Bono Deutschland e.V.“, einem Zusammenschluss führender Wirtschaftskanzleien, die mehr unentgeltliche Beratung durch die Anwaltschaft für gemeinnützige Zwecke fordern. Welchen Einfluss hatte der in den vergangenen Jahren vielfach konstatierte Prestigeverlust der Anwaltschaft auf die Entscheidung diesen Verein zu gründen?

Dr. Matthias Koch: Dies hatte aus meiner Sicht keinen Einfluss. Die Wurzeln des in diesem Jahr gegründeten “Pro Bono Deutschland e.V.” gehen bis ins Jahr 2006 zurück, als sich erstmals einige auf diesem Gebiet bereits tätige Kanzleien zu einem “Pro Bono Round Table” zusammenschlossen. Die Zielsetzung war und ist, sich dafür einzusetzen, die Pro Bono-Rechtsberatung in Deutschland zu verankern und auszuweiten. Der Verein dient unter anderem als Anlaufstelle für gemeinnützige Organisationen, die Pro Bono-Rechtsberatung suchen und bietet Ihnen Gelegenheit, ihre Tätigkeit vorzustellen.

awk: Welche Rolle spielt aus Ihrer Sicht der Image-Gewinn für eine Kanzlei bei ihrer Tätigkeit pro bono?

Dr. Matthias Koch: Wir machen Pro Bono-Rechtsberatung, weil wir dem Gemeinwohl verpflichtet sind. Wenn man in diesem Zusammenhang von “Gewinn” sprechen kann, so ist es vor allem der persönliche Gewinn, den jeder Anwalt daraus zieht. Wir machen deshalb über Art und Umfang unserer Pro Bono-Beratung nur wenige Angaben öffentlich. In erster Linie wollen wir damit ratsuchende Institutionen auf uns aufmerksam machen und daneben im Rahmen unseres Engagements im Pro Bono Deutschland e.V. den Pro Bono-Gedanken weiter bekannt machen.

awk: In den USA soll es um besonders öffentlichkeitswirksame Pro Bono-Mandate einen Wettbewerb unter den Anwaltskanzleien geben. Können Sie sich das auch in Deutschland vorstellen?

Dr. Matthias Koch: Für Deutschland kann ich mir dies nicht vorstellen. Ein aktiver Konkurrenzkampf um Mandate entspricht nicht dem Pro Bono-Gedanken, der ein ehrliches Engagement ohne Hintergedanken impliziert. Die gesetzlichen Regelungen im Hinblick auf den Wettbewerb um Mandate sind in Deutschland und den USA außerdem sehr verschieden, so dass sich dies nicht übertragen lässt.

Zum Nach- und Weiterlesen:

  • Borbála Dux, Anwaltliche pro bono-Tätigkeit in Deutschland, AnwBl 2011, 90ff.
  • Pro Bono-Verein gegründet: Kanzleien fordern mehr gemeinnützige Rechtsberatung,
    Juve-Meldung vom 09.11.2011 
  • Norbert Westenberger, Pro Bono, BRAKMagazin 06/2009, 4ff.
  • Matthias Kilian, Pro Bono – (k)ein Thema für Deutschland?, AnwBl 2012, 45ff.

Bildnachweis: „microphone connected“ ©Luminis, www.fotolia.com

Kommentare

Leonore.Alaniz
Antworten

Pro Bono Legal Help ist ein ganz wichtiger Teil des US Sozial Ntzes, jedoch in der BRD unbekannt.
Ich danke allen die diese arbeit in der BRD foerdern. I ope your work makes inroads- it wil change the fabric of society for the better. thank you

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