Nicht ohne eine Strategie
Haben Sie eine Strategie für Ihre Kanzleikommunikation?
Rund die Hälfte der Unternehmen und Organisationen in Deutschland hat keine Social Media-Strategie. Dies berichtete die FAZ in der vergangenen Woche über eine Studie zum Status quo der „Social Media Governance“. Ist das schlimm? Nein und Ja. Denn, da stimme ich Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach zu, Social Media braucht eigentlich keine eigene Strategie. Aber natürlich müssen die Social Media-Aktivitäten eines Unternehmens, einer Organisation oder eben einer Anwaltskanzlei in die gesamte Kommunikations-Strategie passen. Diese strategische Ausrichtung der Kommunikation wird in der Praxis – dies deckt Social Media nun auf – gerne vernachlässigt.
Grund genug, sich in diesem Blogeintrag mit dem Thema Kommunikations-Strategie zu befassen.
Woraus besteht eine Kommunikations-Strategie?
Klassischerweise wird eine Kommunikations-Strategie in vier Phasen untergliedert: (1) Situationsanalyse (2) Konzeption (3) Realisation der Konzeption und (4) Erfolgskontrolle. Sie können sich dieses Konzept als einen Kreislauf vorstellen: Die Ergebnisse der Erfolgskontrolle sollten immer wieder in die Analyse mit aufgenommen und der Prozess beständig weiterentwickelt werden.
„Wo stehen wir?“: Die Analyse des Kanzlei-Images
Jeder von uns erzeugt in seinem Kopf Images. Das heißt, wir machen uns ein ganz eigenes, subjektives Bild über bestimmte Dinge (Meinungsgegenstände). Dies insbesondere wenn wir wenig über diese Dinge wissen oder wenig eigene Erfahrung mit ihnen haben. Ein Image setzt sich zusammen aus den Elementen Bekanntheit, Ruf und Profil. So kann ein Image nur haben, wer oder was bekannt ist. Der Ruf beschreibt unter anderem die Qualität der Dienstleistung, also etwa der Rechtsberatung, und sollte daher tadellos sein. Demgegenüber ist das Profil die „Persönlichkeit“ etwa einer Kanzlei, die sich aus dem polarisierenden Vergleich mit dem Wettbewerber ergibt. Es darf Ecken und Kanten haben.
Da das Image die subjektive Konstruktion eines jeden Einzelnen ist, ist damit untrennbar die Frage nach der Person verbunden, die dieses Image hat. Mit anderen Worten: Es sind die Images bei denjenigen Personen und Personengruppen („Öffentlichkeiten“) zu erheben, die die Kanzlei hat. Dies sind natürlich in erster Linie Mandanten und potentielle Mandanten. Aber gegebenenfalls auch Gerichte, Staatsanwaltschaft, Banken, Behörden, Versicherungen, Kontakte im Social Web, Medien sowie kanzleiintern Berufsträger, Rechtsanwalts- und Notargehilfinnen, Sekretärinnen, Praktikanten.
Natürlich hängen Umfang und Schwerpunkt einer Analyse des Kanzlei-Images von der jeweiligen Situation der Kanzlei und nicht zuletzt von dem Budget ab, das hierfür zur Verfügung steht. In jedem Fall sollte die Analyse aber aus der Perspektive der Öffentlichkeiten der Kanzlei erfolgen. Denn PR ist umso erfolgreicher, je mehr sie sich auf diese einstellt.
Vom Ist- zum Sollzustand: Die Konzeption
Nachdem Sie sich durch die Situationsanalyse einen Überblick über das Image Ihrer Kanzlei verschafft haben, geht es bei der Konzeption darum, Ziele und Zielgruppen zu definieren. Das übergeordnete Ziel, das Kanzleiimage zu verbessern, kann anhand der Image-Komponenten Bekanntheit, Ruf und Profil, präzisiert werden. Ziel kann also etwa sein, die Kanzlei bei einer als Mandanten gewünschten Personengruppe bekannter zu machen. Oder Ihre Kompetenz auf bestimmten Rechtsgebieten oder in bestimmten Beratungsarten zu verdeutlichen. Ziel kann auch sein, bestimmte Werte zu besetzen („innovativ“, „nachhaltig“), um das Kanzlei-Profil zu schärfen. Die Zielgruppen sind diejenigen Personen und Personengruppen, an die Sie sich wenden wollen.
Gleich welches Ziel Sie wählen: Es sollte zeitlich („innerhalb eines Jahres“) und quantitativ („in der Zielgruppe um 15 %“) formuliert werden, um später überprüfen zu können, ob Sie es erreicht haben.
Erst jetzt: Welche Kommunikationsmaßnahmen ergreife ich?
Für welche Kommunikationsmaßnahmen Sie sich entscheiden, richtet sich danach, welche Ziele und Zielgruppen Sie im Rahmen der Konzeption definiert haben. So kann eine Veranstaltung sinnvoll sein, um Ihre Kanzlei bekannt zu machen, ein Blog kann Ihre Expertise verdeutlichen, eine Pressemeldung über Ihr (tatsächlich vorhandenes!) soziales Engagement Ihr Profil schärfen. Wichtig ist stets, die unterschiedlichen Maßnahmen aufeinander abzustimmen und miteinander zu verknüpfen. Bei Einzelmaßnahmen besteht die Gefahr, dass sie wirkungslos verpuffen.
Ende und Anfang: Die Erfolgskontrolle
PR kostet Zeit und Geld. Schon deshalb ist eine Erfolgskontrolle unverzichtbar. Unterschieden werden können die strategische Kontrolle („Habe ich Ziele und Zielgruppen richtig definiert um die Kanzlei-Ziele zu erreichen?“) und die operative Kontrolle („Habe ich die richtigen Maßnahmen ergriffen, um die Ziele zu erreichen? Habe ich die Maßnahmen gut umgesetzt?“). Die operative Kontrolle kann quantitativ (z.B. Anzahl von Zugriffen auf einen Blog), qualitativ (z.B. Kommentare auf einem Blog, Feedback zu einer Veranstaltung) und – aber nur wenn es sehr sehr gut läuft – anhand der Entwicklung der Kanzlei (Umsatzentwicklung, Anzahl von Mandanten) gemessen werden.
Bitte bedenken Sie, dass PR, wie jede vertrauensvolle Kommunikation, langfristig angelegt ist. Wer schnelle Erfolge erwartet, wird vielfach enttäuscht.
Zum Nach- und Weiterlesen:
- „Unternehmen fehlt Struktur für Twitter & Co.“, FAZ, 24.08.2010, S. 15
- http://faz-community.faz.net/blogs/netzkonom/archive/2010/08/24/unternehmen-fehlt-struktur-fuer-soziale-medien.aspx
- Avenarius, Public Relations, 3. Auflage 2008
- Schulz in: Noelle-Neumann/Schulz/Wilke (Hrsg.), Fischer Lexikon Massenkommunikation, 4. Auflage 2009
- Brauer, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, 2005