Kanzlei-PR: Was ist erlaubt?
Berufsrechtliche Beschränkungen für anwaltliche Public Relations
Anwaltsprofile auf Facebook, Werbung mit dem Preis für die anwaltliche Erstberatung – das Verständnis davon, wie Anwälte auf sich und ihre Dienstleistung aufmerksam machen dürfen ist heute liberaler denn je. Grundlage für die Zulässigkeit anwaltlicher Werbung und PR ist die in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Freiheit der Berufsausübung, die auch die berufliche Außendarstellung von Freiberuflern umfasst. Werbung und PR für Anwälte ist damit grundsätzlich erlaubt. Dieses Recht wird durch die Bestimmung des § 43b BRAO beschränkt, nach der Werbung in Form und Inhalt sachlich über die berufliche Tätigkeit zu unterrichten hat und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet sein darf. § 6 BORA regelt weitere Details.
Obwohl die genannten berufsrechtlichen Bestimmungen ausdrücklich nur Werbung regeln, gelten sie auch für Public Relations. „Nach dem weiten Werbebegriff des BGH ist Werbung jedes Verhalten, das darauf angelegt ist, andere dafür zu gewinnen, die Leistung des Werbenden in Anspruch zu nehmen“, so Rechtsanwalt Dr. Frank Remmertz, Gründungspartner der Münchner Kanzlei REMMERTZ SON Rechtsanwälte, Mitglied des Vorstands der Rechtsanwaltskammer München und der 4. Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer. Verfolgt eine PR-Maßnahme diesen Zweck zumindest auch, ist sie Werbung im Sinne des § 43b BRAO. Pressemitteilungen über einen gewonnenen Fall oder den Abschluss eines Deals („Deal-Meldung“) oder auch Kanzleiveranstaltungen, gleich ob fachlich oder kulturell, sind demnach also Werbung im berufsrechtlichen Sinne.
Wann aber unterrichtet Werbung über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich? Anwaltliche Werbung ist sachlich, wenn sie sich tendenziell auf nachprüfbare Tatsachen beschränkt. Der notwendige Zusammenhang mit dem Beruf liegt vor, wenn die Information, mit der geworben wird, vernünftigerweise bei der Entscheidung für die Wahl eines Anwalts eine Rolle spielen könnte.
Insgesamt hat sich die Auffassung darüber, was sachlich ist, in den vergangenen Jahren gewandelt. „Die Bestimmung des § 43b BRAO ist seit ihrer Einführung im Jahr 1994 von der Rechtsprechung vor allem durch das Bundesverfassungsgericht stetig liberalisiert worden“ erläutert Dr. Frank Remmertz. So hat das Bundesverfassungsgericht die insbesondere bei Anlegerschutzanwälten beliebte Gegnerliste auf der Homepage für zulässig erachtet. Und es hat beschlossen, dass eine Versteigerung von anwaltlichen Dienstleistungen auf ebay dem Sachlichkeitsgebot genügt. Schon zuvor hatte das Karlsruher Gericht die Bekanntgabe von Sponsoring erlaubt.
Das neben dem Sachlichkeitsgebot in § 43b BRAO enthaltene Verbot der auf die Erteilung eines Mandats im Einzelfall gerichteten Werbung spielt zum Beispiel bei Kanzleiveranstaltungen oder anwaltlichen Rundschreiben eine Rolle. Hier dürfen konkrete Rechtsfälle nicht in einer Art und Weise behandelt werden, dass sie quasi zu einer Mandatierung auffordern.
„In der Praxis setzt sich mehr und mehr die Tendenz durch, eine anwaltliche Werbung nur noch dann für unsachlich zu halten, wenn sie irreführend oder sonst nach dem UWG unzulässig ist“ konstatiert Dr. Frank Remmertz. Es gibt liberale Strömungen in Anwaltschaft und Lehre, die sich ganz für die Abschaffung der berufsrechtlichen Werbebeschränkungen aussprechen. Dies hätte zur Folge, dass Werbung um ein Mandat im Einzelfall häufig möglich wäre. Außerdem würde die Ahndung von Berufsrechtsverstößen durch die Rechtsanwaltskammern erschwert werden. Ob es tatsächlich soweit kommen wird, bleibt abzuwarten.
Zum Nach- und Weiterlesen:
- Prütting, in: Henssler/Prütting, Kommentar zur Bundesrechtsanwaltsordnung, § 43b BRAO und § 6 BORA
- BVerfG Beschluss vom 12.12.2007 – 1 BVR 1625/06 (BRAK-Mitteilungen 2008, S. 69f.) – Gegnerliste auf anwaltlicher Internetseite
- BVerfG Beschluss vom 19.02.2008 – 1 BVR 1886/08 (BRAK-Mitteilungen 2008, S. 66ff.) – Versteigerung von anwaltlichem Rechtsrat über ein Internetauktionshaus
- BVerfG Beschluss vom 17.04.2000 – 1 BvR 721/99 (NJW 2000, S. 3195) – Anwaltswerbung durch Sponsoring
- Römermann, „Das UWG – besser als das anwaltliche Werberecht“, AnwBl. 2007, S. 744ff.